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Die Geburt der Yogamatte aus Schurwolle

Bausinger Yogamanufaktur
2023-09-29 08:00:00 / Manufaktur Nachhaltigkeit Stories / Kommentare 0
Die Geburt der Yogamatte aus Schurwolle - Die Geburt der Yogamatte aus Schurwolle

Die Erfindung der Schurwollmatte

Ein Blick in die Geschichte

Besuch bei Frieder Bausinger (92 Jahre)

Wir sind nach Reutlingen-Sondelfingen gefahren, wo hinter dem Garagentor eines Einfamilienhauses (Bild weiter unten!) die Geschichte der Yogamatte aus Schurwolle begann. 

Lieber Frieder,

wie bist Du zum Yoga gekommen – in einer Zeit, als der Yoga noch eine ganz kleine Nische in Deutschland war?

Ich war in den Siebziger-Jahren als Textilingenieur im Außendienst und habe viele Textilfirmen besucht, musste viel Auto fahren und hatte davon ziemliche Rückenschmerzen. Eine Bekannte hat mir was völlig neues empfohlen: Yoga. Und als ich davon in der örtlichen Zeitung las, bin ich da hin.

Wie war die Yoga-Szene damals?

Klein. Es gab nur Hatha-Yoga und wir hatten eine gestrenge Lehrerin, Frau Mathilde Keller, welche mit uns die Übungen machte und uns anleitete.

Wie kamst Du dazu, eine Yoga-Lehrer Ausbildung zu machen?

Unsere Yogalehrerin hatte einmal im Winter einen Autounfall und konnte nicht kommen. Da hat sie mich gebeten, sie in der Stunde zu vertreten. Das hab ich zwar gemacht, danach stellte sich die Frage, wer übernimmt den Kurs, denn sie wollte aufhören. Ich wollte es richtig machen und Yoga lernen. Da hab ich mich dann beim wichtigsten Yoga-Verband, dem BDY zur Yogalehrer-Ausbildung angemeldet.

Schwarz weißes Bild zu alten Yogamatten

Auf welchen Matten übte man damals Yoga?

Als wir Yoga übten, gab es Anfang der Siebziger Jahre nur feste Baumwoll- oder Wolldecken. Die sahen aus wie alte Militärdecken oder die Decken von Umzugsunternehmen. Auf denen haben wir geübt – was anderes gab es nicht.

Wie kam es dazu, dass Du die Schurwoll-Yogamatte erfunden hast und wie lief die Entwicklung damals ab?

Unsere Yogalehrerin hat immer streng darauf geachtet, dass wir unter den Baumwolldecken eine rutschfeste Unterlage - das war so ein dünnes Gitternetz - aus dem Teppichhandel hatten. Und tatsächlich hatte sich mal eine Teilnehmerin den Arm gebrochen, als sie bei der Kriegerhaltung ausgerutscht ist. Das hat mich zum Nachdenken gebracht: eine Yogaunterlage oder Matte, die warm, weich und unten rutschfest ist, das müsste es doch geben. Und da ich ja viele Textilfirmen kannte, kam mir die Idee, einen flauschigen Schurwollteppich unten mit einer Kautschuk-Beschichtung versehen zu lassen und machte mich auf die Suche nach einer Fabrik, welche bereit war, das herzustellen. Ich wollte nur ein paar Meter, aber der Firmenchef wollte, dass ich gleich 200 m abnehme. Und ich hab dann mutig 200 m Schurwollteppich mit Naturlatex beschichten lassen. Und es hat sich rentiert.

Wie hast Du deine Yogamatten vertrieben?

Zuerst im eigenen Kurs. Die Matten kamen gut an und ich musste zu jeder Stunde ein paar Matten mitbringen. Dann war ich um 1975 bei einem Kongress des BDY in Bad Oeynhausen. In der ersten Pause war ich umringt von interessierten Kolleginnen. In der zweiten Pause habe ich einige Matten aus dem Auto geholt und ruckzuck alle verkauft. Da wusste ich, dass hier ein Bedarf besteht und dass die 200 m die richtige Entscheidung waren.

Bild von Garagentor von Frieder Bausinger

Hinter diesem Garagentor begann die Geschichte der Bausinger Yogamanufaktur

Wie lief die Gründung der Firma Bausinger ab?

Wusstest Du damals schon, wohin die Reise gehen soll?

Eigentlich wollte ich die Wollmatten nur nebenbei als kleines Zubrot verkaufen. Aber mein Steuerberater meinte, dass es langsam zu viel für nebenbei sei und ich sollte doch ein Gewerbe anmelden. Und da die Textilfirmen abgewandert sind und ich immer weniger Arbeit mit dem Aussendienst hatte, hab ich mich auf die Schurwollmatten konzentriert.

Wie entwickelte sich die Firma Bausinger zwischen 1977 und 1995 bis Du die Firma übergeben hast? Was hat sich in dieser Zeit in der Yoga-Szene und der Firma verändert? 

Wir haben die Yogamatten auf einer Tischtennisplatte in der Garage zu Hause geschnitten. Damit die Schnitte gerade wurden, hab ich mir von einem Schmied ein Gestell machen lassen. Meine Frau hat die Buchhaltung gemacht. Die Kinder haben mitgeholfen und nachdem das Unternehmen wuchs, haben wir in der Einliegerwohnung im Haus ein kleines Büro eingerichtet. Zwei Nachbarinnen haben mir mit dem Büro geholfen und so sind wir langsam gewachsen.

Wir wurden weiter empfohlen und wir machten unser erstes Prospekt, welches wir dann über die Yogalehrer verteilten. Die Yogalehrer und Schüler bestellten per Fax und Telefon und wir fingen an, auch zu versenden.

Hattet ihr damals Mitbewerber in Deutschland?

Ganz am Anfang gab es keine Mitbewerber, es gab einfach nichts. Nur einmal hat das Versandhaus Quelle in einem Katalog Ende der Siebziger-Jahre eine Yogamatte aus Wolle angeboten. Aber nur eine Saison lang, danach waren wir wieder die Einzigen mit den Wollmatten. 

Frieder und Margarete Bausinger

Frieder & Margarete Bausinger

... Nachhaltigkeit?

Heute noch schreibt die Firma Bausinger Nachhaltigkeit, Regionalität und soziale Gerechtigkeit sehr groß. Dir war das auch schon immer wichtig. Wie hast Du Nachhaltigkeit verstanden und umgesetzt?

Wir haben das nicht Nachhaltigkeit genannt, aber mir war einfach Qualität wichtig. Wer billig kauft, kauft zweimal. Und das wollte ich nicht. Qualität war der Schlüssel, das ist auch in der Ernährung so. Und dann sollte alles aus der Region kommen, so dass man auch mal zum Lieferanten hinfahren und mit den Leuten reden kann. Und meinen Mitarbeitern sollte es gut gehen und sie sollten fair bezahlt werden.

Wie war es für Dich die Firma, die Du aufgebaut hast, nach fast 20 Jahren zu übergeben?

Ich hab mich gefühlt wie 'Hans im Glück' – ich war froh, die Verantwortung weiter geben zu können und zu sehen, dass wir etwas aufgebaut hatten, was funktioniert. Was mich besonders freut ist die Entwicklung von Peter Anhäuser, der ja eigentlich als Ferienjobber angefangen hat uns beim Schneiden der Matten zu helfen, aber dann schnell unentbehrlich als Stütze für uns alle wurde und ja auch heute noch eine wichtige Rolle im Unternehmen spielt. 

Schwarz weiß Foto des Büros Bausinger von 1992

Bausinger Team 1992

... und danach?

Hast Du die Entwicklung der Firma weiterverfolgt?

Ja, ich hab noch gelegentlich hingeschaut, aber es war ja nicht mehr meine Firma und von daher hab ich dann auch losgelassen. Ich freue mich aber über jeden Prospekt.

Was hast Du nach der Übergabe gemacht? Warst Du weiter in der Yoga-Szene aktiv?

Ich hab im Alter als Ersatz für Yoga das Wandern entdeckt. Jetzt mit 92 Jahren gehe ich nach Möglichkeit noch jeden Tag eine halbe bis eine Stunde an die frische Luft. Bis vor wenigen Jahren waren es noch täglich vier bis fünf Stunden.

Gibt es noch eine „Problemstellung“ im Yoga, für das Du gerne eine Lösung erfunden hättest?

Vor einiger Zeit hab ich mir eine Gymnastikhose aus Bio-Baumwolle gekauft. Drin war ein Schildchen 'Made in Bangladesh'. Das hat mich betroffen gemacht und ich würde mir wünschen, dass so was wieder hier möglich ist.

Vielen herzlichen Dank!

... unsere Lehre daraus?

Damals wie heute ist der Schlüssel zur Nachhaltigkeit die Qualität. Qualität heißt Langlebigkeit, Qualität heißt Werterhalt, Qualität heißt Freude am Produkt - auch wenn der Kaufpreis anfänglich etwas höher ist. Die Ersparnis kommt mit der Dauer der Nutzung, das wird leider sehr oft ausgeblendet oder vergessen. 

Im Zusammenspiel mit möglichst regionaler Fertigung und hohem Anspruch an ökologische Vertretbarkeit werden wir - mit eurer Unterstützung, eurer Weiterempfehlung (... die übrigens enorm wichtig für uns ist!) und eurem Feedback - diesen verantwortlichen Weg des Handelns weitergehen. 

In dem Zusammenhang wird es demnächst ein paar neue Produkte aus heimischer Wolle geben - dazu mehr im nächsten Newsletter!


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